13. Mai 2000 Explosion der Feuerwerksfabrik von Enschede

(bü)

aus Wikipedia

Die Explosion der Feuerwerksfabrik von Enschede am Samstag, 13. Mai 2000 in der niederländischen Stadt Enschede kostete 23 Menschen das Leben, 947 Personen wurden verletzt und das Stadtviertel Roombeek verwüstet.

Gegen 15 Uhr erreichte die Feuerwehr ein erster Notruf über ein Feuer auf dem Gelände der Feuerwerksfabrik S.E. Fireworks im nördlich des Enscheder Stadtzentrums gelegenen Stadtteil Roombeek.[2] Zur Bekämpfung des Brandes waren zunächst zwölf Feuerwehrleute mit einem Tanklöschfahrzeug und einer Drehleiter im Einsatz,[3] die erst im Glauben waren, den Brand kurzfristig unter Kontrolle bringen zu können. Da bereits zu diesem Zeitpunkt Feuerwerksraketen in Brand gerieten, in den Himmel schossen und dort explodierten, drängten sich (auch begünstigt durch den hochsommerlichen Samstagnachmittag) zahlreiche Schaulustige auf den Straßen, um das ungewöhnliche Schauspiel zu beobachten. Dementsprechend wurde die Szenerie von einigen Videofilmern festgehalten.

Gegen 15:30 Uhr kam es auf dem Gelände schließlich zu einer Reihe schwerer Explosionen, die durch in Brand geratene und mit eingelagerten Feuerwerkskörpern gefüllte Container verursacht wurden. Bei den beiden Hauptexplosionen, die im Abstand von etwa 60 Sekunden erfolgten, detonierten wahrscheinlich größere Mengen illegal gelagerter sogenannter Salutbomben, die bei einem Großfeuerwerk reine Blitz- und Detonationseffekte erzielen sollen. Dazu sind sie an Stelle von Schwarzpulver mit Blitzknallsatz (BKS) gefüllt, der eine erheblich größere Sprengkraft besitzt. Die erste Explosion hatte das Äquivalent von ca. 800 kg TNT, die zweite, viel größere, das von 4000 bis 5000 kg TNT. Die vor allem durch die zweite Explosion verursachte Druckwelle war derart stark, dass die aus Stahlbeton konstruierten Gebäude rund um den Explosionsherd bis auf die Grundmauern zerstört wurden, im Umkreis von 1,5 km Entfernung Fensterscheiben zersprangen und Trümmer bis zu 800 m weit flogen. Der Druck der Explosion konnte noch in 60 km Entfernung wahrgenommen werden; die Rauchsäule über Enschede war in bis zu 50 km Entfernung sichtbar.[4] Auch die Infraschall-Messanlagen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe im Bayerischen Wald in rund 625 km Entfernung zu Enschede (IS26) registrierten 36 Minuten später die Druckwellen der schweren Explosionen.[5]

Insgesamt explodierten 177 Tonnen Feuerwerkskörper.[6] Zusätzliche Schadwirkung wurde durch umherfliegende Feuerwerkskörper erzeugt, die in die Dächer der umliegenden Häuser einschlugen und sie nachfolgend in Brand setzten. Die benachbarte Brauerei Grolsch brannte ebenfalls in vollem Umfang. Das dortige Feuer konnte aber gelöscht werden, bevor es die Kältemittelanlagen erreichte, was die Freisetzung von mehreren Tonnen giftigen Ammoniaks verursacht hätte. Insgesamt war ein Gebiet von rund 5 km² von den Schäden betroffen.[7]

Beim Einsatz in Enschede unterstützten Rettungsdienste und Feuerwehren aus dem Kreis Borken und anderen Kommunen die niederländischen Kräfte. Allein aus Deutschland waren 200 Einsatzkräfte mit 40 Fahrzeugen sowie acht Rettungshubschrauber im Einsatz.[6]

Zeitachse (GMT +1)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ereignis Zeitpunkt
Auslösung der Brandmeldeanlage 15:01
Erste Meldung des Feuers durch Passanten 15:02
Das erste Löschfahrzeug erreicht mit vier Mann Besatzung den Einsatzort 15:08
Der erste Rettungswagen trifft am Einsatzort ein 15:16
Das Feuer gilt als unter Kontrolle 15:27
Erster Feuerwerkscontainer explodiert und löst eine Kettenreaktion aus 15:33
Erste große Explosion 15:34
Letzte, verheerende Explosion 15:35
Katastrophenplan tritt in Kraft 16:15[8]

 

Durch die Wirkung der Druckwelle und durch umherfliegende Trümmerteile kamen 23 Menschen ums Leben, darunter vier Feuerwehrleute. 947 Personen wurden verletzt.[9]

Über 200 Wohnhäuser/Wohnungen wurden vollständig zerstört und rund 300 als unbewohnbar erklärt;[10] insgesamt wurden rund 1500 Wohnhäuser beschädigt. Als Folge der Zerstörungen wurden 1250 Personen zunächst obdachlos. Der Versicherungsschaden wurde auf eine Milliarde Gulden (rund 454 Millionen Euro) geschätzt.

Die Brauerei Grolsch siedelte sich danach mit einem Neubau am Stadtrand von Enschede an.[11]

Verbesserung des Katastrophenschutzes

Um für zukünftige Unglücksfälle ähnlichen Ausmaßes gewappnet zu sein, wurden im Grenzgebiet zahlreiche Verbesserungen am gemeinsamen Katastrophenschutz vorgenommen. Kernelement ist dabei ein grenzüberschreitender Gefahrenabwehrplan, an dem die deutschen Landkreise Grafschaft Bentheim und Borken sowie die niederländischen Regionen Twente und Achterhoek beteiligt sind und der von der Euregio gefördert wurde.[26] Wesentliche Inhalte sind z. B. Regelungen über die Einsatzleitung, Kommunikation und Versorgung von Einsatzkräften sowie gemeinsame Standards bei Alarmierung und Technik.[27]

Unter anderem auch wegen der Katastrophe von Enschede wurde in den Niederlanden 2005 die unabhängige Untersuchungsbehörde Onderzoeksraad voor Veiligheid für Zwischenfälle, Unfälle und Katastrophen aller Art eingerichtet.

Foto: Westfälische Nachrichten (N.N.)

Fotos: H.D. Meyer